Ein ausgelassener Abend mit Freunden. Doch für eine 17-Jährige endet er tragisch: Sie stürzt von einer Brücke in Höxter und stirbt wenig später. Die Polizei steht vor einem Rätsel: Was ist in dieser Nacht geschehen?

Sandra Gallinger, † 17
Foto: e110
15. Juni 2013, kurz nach Mitternacht. Sandra Gallinger und ihr neuer Freund feiern mit weiteren Bekannten in einer Wohngemeinschaft in Höxter. Dort hat die 17-Jährige seit kurzem ein Zimmer. Zunächst sind alle gut gelaunt, doch dann geraten Sandra und ihr Freund in Streit: Er ist eifersüchtig. Sandra hat seiner Meinung nach zu viel Zeit mit einem anderen Partygast verbracht.
Streit auf der Straße
Wütend verlässt Sandras Freund die Feier. Sie folgt ihm nach draußen – barfuß, ohne ihre Schuhe anzuziehen. Auch sonst nimmt sie keine persönlichen Gegenstände mit. Sandra sucht die Aussprache, doch ihr Freund schickt sie weg. Statt zur Party zurückzukehren, geht Sandra völlig aufgelöst allein in Richtung Friedhof und Richtung Innenstadt.
Etwa um 2.15 Uhr macht ein Autofahrer auf der nahen Bundesstraße eine schreckliche Entdeckung: Sandra Gallinger liegt schwer verletzt auf der Fahrbahn – sie ist offenbar von der sechs Meter hohen Brücke gestürzt, die zum Friedhof führt und die Bundesstraße überquert. Die Jugendliche ist nicht ansprechbar. Wenige Stunden später stirbt sie an ihren schweren Verletzungen, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.
Treffen auf der Brücke?

Von der Brücke aus stürzte Sandra Gallinger auf die Bundesstraße.
Foto: e110
Wie die Polizei später herausfindet, soll Sandra Gallinger auf der Brücke ihren Ex-Freund getroffen haben, zu dem sie seit der Trennung ein schwieriges Verhältnis hat. Der junge Mann soll sich Stunden zuvor mit Freunden auf dem nahen Friedhof aufgehalten haben.
Ob das Treffen zwischen Sandra Gallinger und ihrem Ex-Freund verabredet oder Zufall war, kann die Polizei nicht herausfinden. Auch was sich auf der Brücke zugetragen hat, liegt im Dunkeln. Die Kriminalpolizei Bielefeld ermittelt in alle Richtungen: Sowohl ein Tötungsdelikt, als auch ein Unfall oder Suizid der 17-Jährigen werden von den Ermittlern in Betracht gezogen.
Fragen nach Zeugen:
► Wer hat in der Nacht zum 15. Juni 2013 Beobachtungen im Bereich der Friedhofsbrücke in Höxter gemacht?
► Wer hat Sandra Gallinger in dieser Nacht in Begleitung anderer Personen gesehen?
► Wer war in der Tatnacht am Friedhof und kann Aussagen zu Personen machen, die sich dort aufgehalten haben?
► Wer hat in der Tatnacht die Brücke überquert?
► Wer hat Informationen zum Tatgeschehen, möglicherweise von Dritten, erfahren?
Belohnung:
Für Hinweise, die zur Aufklärung des Falls führen, sind mehrere Belohnungen von insgesamt 5.000 Euro ausgesetzt.
Zuständig:
Kripo Bielefeld, Telefon 0521 / 54 50
Quelle: e110

Wie Sandras Mutter mit dem Tod ihrer Tochter umgeht: An der Friedhofsbrücke - Hier hat Malgorzata Gallinger eine kleine Gedenkstätte liebevoll hergerichtet. Mehrmals in der Woche ist sie hier und fühlt sich dann ihrer Tochter ganz nah.
Foto: Mathias Brüggemann/Neue Westfälische
20. Juni 2019: Polizei geht von einem Verbrechen aus - Fall bei Aktenzeichen XY
Quelle: Neue WestfälischeBielefeld/Höxter. Noch immer wissen die Ermittler nicht, was am Samstag, 15. Juni 2013, um 2.16 Uhr in Höxter genau passierte. Fest steht: Die 17-jährige Sandra G. war von der Friedhofsbrücke am Wall gestürzt und später von Autofahrern gefunden worden. Sie wurde mit schwersten Verletzungen in die Uniklinik Göttingen geflogen, wo sie wenig später verstarb. Was die Ermittler aus Bielefeld umtreibt ist die Frage, ob hinter dem Todesfall ein Unglück oder ein Verbrechen steckt?
Deshalb wenden sie sich fast sechs Jahre danach noch einmal an die Öffentlichkeit und erhoffen sich neue Hinweise: Diesen Mittwoch wird der Fall in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" behandelt. Moderator Rudi Cerne und die Ermittler erhoffen sich vor allem Hinweise von Autofahrern, die in jener Nacht in Höxter verdächtige Beobachtungen gemacht haben.
Verdacht auf Fremdverschulden erst im Jahr 2014
Der Fall hat in Höxter und Umgebung für große Aufregung gesorgt. Zunächst gingen die Ermittler in Höxter von einem tragischen Unfall aus. Später stellte sich jedoch heraus, dass sie gerade von einer Party gekommen war und in Richtung Innenstadt gehen wollte. Welche Rolle seinerzeit ein Freund spielte, mit dem Sandra G. zunächst gemeinsamt unterwegs war, ist unklar. Er hatte sie nach eigenen Angaben allein auf einem Bordstein sitzen lassen.
Über ein Jahr später, im August 2014, nahmen die Staatsanwaltschaft Paderborn und das Polizeipräsidium Bielefeld neue Ermittlungen auf. Es werde nun für möglich gehalten, dass auch ein Fremdverschulden zu dem Sturzgeschehen geführt haben könnte, hieß es damals in der gemeinsamen Erklärung vom Polizeipräsidium Bielefeld, der Kreispolizeibehörde Höxter und der Staatsanwaltschaft Paderborn.
Demnach hatten sich "Personen aus dem sozialen Umfeld der Verstorbenen" zumindest noch kurz vor der Tatzeit in unmittelbarer Nähe der Brücke aufgehalten. Es gab damals nach Angaben der Polizei keine konkreten Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen mit der 17-Jährigen. "Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es im Anschluss möglicherweise auf der Brücke noch zu einer folgenreichen Begegnung gekommen ist", erklärten 2014 Staatsanwaltschaft und Polizei.
Inzwischen sind sich die Ermittler der Bielefelder Mordkommission "Brücke" ziemlich sicher, "dass kein Suizid oder Unglücksgeschehen, sondern vielmehr ein Tötungsdelikt vorliegt." Bis heute konnte der Fall jedoch nicht geklärt werden.
Heiße Spur?
Quelle: TZDer Tod der 17-jährigen Sandra Gallinger erschütterte am Mittwochabend viele Zuschauer der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“. Nachdem bereits ein Anrufer zur konkreten Tatzeit am Tatort gewesen sein will, meldete sich noch im Laufe der Live-Sendung auch ein zweiter Zuschauer mit interessanten Informationen bei den ermittelnden Beamten.
„Nicht weniger interessant ist der Hinweis eines anderen Zuschauers. Auch hier konnte man aus dem Gespräch entnehmen, dass es sich hier vermutlich um Informationen mit Tatbezug handelt. Sehr interessant, was uns dieser Zuschauer mitgeteilt hat. Mehr dürfen wir natürlich nicht verraten, allerdings ist es vielleicht tatsächlich so, dass wenn man die Ermittlungen der Kripo Bielefeld abwartet, dass sich tatsächlich hier ein Durchbruch zur Auflösung des Falls ergeben kann“, erklärt Alfred Hettmer vom LKA München am Ende der TV-Sendung.