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Ehefrau angeblich vergewaltigt - Andreas Böhmann 6 1/2 Jahre unschuldig in Haft

Wenn Unrecht Recht wird.
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Ehefrau angeblich vergewaltigt - Andreas Böhmann 6 1/2 Jahre unschuldig in Haft

#1

Ungelesener Beitrag von Salva » Di, 10. Sep. 2019, 23:36

März 2019: Andreas Böhmann aus Darmstadt saß sechseinhalb Jahre unschuldig im Gefängnis und wurde schließlich vor dem Landgericht Kassel freigesprochen.

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Andreas Böhmann.
Foto: Alex Kraus/Claudius Pflug/Welt

Sechseinhalb Jahre saß der achtfache Familienvater in der Justizvollzugsanstalt Butzbach ein, weil das Landgericht Darmstadt es als bewiesen angesehen hatte, dass Böhmann zweimal seine Ehefrau vergewaltigte.

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Die Justizvollzugsanstalt im hessischen Butzbach: Hier saß Thomas Biermann sechseinhalb Jahre unschuldig eine Haftstrafe ab.
Foto: Boris Roessler/dpa/HNA

Doch die Geschichte sollte eine dramatische Wendung nehmen – Böhmann ist nämlich unschuldig. Das hat das Kasseler Landgericht in einem aufwendigen Wiederaufnahmeverfahren entschieden – seit kurzem ist das Urteil rechtskräftig. In dem auf 50 Seiten begründeten Freispruch attestiert das Landgericht Kassel der geschiedenen Frau von Böhmann, in dem Verfahren in Darmstadt mehrfach aus Kalkül gelogen zu haben. Sie habe sich dabei von Eifersucht und finanziellen Vorteilen leiten lassen.

Nach sechseinhalb Jahren unschuldig im Gefängnis: Keine Entschädigung

Für Böhmann ist das Urteil eine späte Genugtuung – nicht mehr und nicht weniger. Weil er in einem der beiden Vergewaltigungsprozesse vor dem Landgericht Darmstadt ein einsilbiges falsches Geständnis abgelegt hatte, verwehrt ihm das Landgericht Kassel nun aber für einen Teil seiner verbüßten Haft jegliche Entschädigung. „Lediglich eine sogenannte immaterielle Haftentschädigung steht meinem Mandaten zu“, erklärt sein Anwalt Hartmut Lierow.

Das bedeutet, dass Böhmann für sechseinhalb Jahre Haft etwa 33.000 Euro erhält. Das falsche Geständnis gab Böhmann nach mehreren Monaten Untersuchungshaft und nur wenigen Minuten Bedenkzeit ab.

Das Landgericht Darmstadt stellte ihn vor die Wahl: Entweder fünf bis sechs Jahre – oder zwei Jahre und elf Monate plus der Aussicht auf vorläufige Haftverschonung und die Chance, seine Kinder sehen zu können. „Solche falschen Geständnisse werden provoziert, wenn die Schere für eine Bestrafung mit oder ohne Geständnis sehr weit auseinandergeht“, kritisiert Lierow, der auch dem wegen Vergewaltigung zu Unrecht verurteilten Lehrer Horst Arnold zu später Gerechtigkeit verholfen hatte.

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Das Landgericht in Darmstadt.
Foto: dpa/Christoph Schmidt/Focus

Über sechs Jahre unschuldig im Gefängnis: Alles begann 2006

Ihren Lauf nimmt die Geschichte im Jahr 2016. Böhmann lebt mit seiner Frau und den acht gemeinsamen Kindern zusammen. Das Eigenheim hat er gemeinsam mit helfenden Händen selbst gebaut. Die Kinder werden streng christlich erzogen, heißt es in einem Schreiben von Anwalt Lierow. Böhmann lebt in dieser Zeit von Hartz-IV, eine Frühverrentung aus gesundheitlichen Gründen scheiterte an einer fehlenden Rentenbeitragszeit von einem Monat. Bereits seit Jahren führt Böhmann laut seinem Anwalt Parallelbeziehungen zu anderen Frauen.

Dies wirft ein schlechtes Licht auf Biermann, als er sich plötzlich vor dem Landgericht Darmstadt wiederfindet. Bereits am zweiten Prozesstag signalisiert das Gericht, dass die Aussagen der Ehefrau glaubwürdig erschienen. Daher verzichtet das Gericht darauf, einen psychologischen Sachverständigen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Ehefrau hinzuzuziehen. Nach dem Geständnis ist für das Gericht die Sachlage eindeutig und der Fall erledigt.

Immerhin wird Böhmann aufgrund seines falschen Geständnisses aus der U-Haft entlassen. In diesen Tagen lebt er wieder zuhause. Als sie mit einem auf dem Heimcomputer installierten Spionageprogramm entdeckt, dass Böhmann mit anderen Frauen telefoniert und schreibt, zeigt sie ihn wegen einer angeblichen Bedrohung an, die sie bei der polizeilichen Vernehmung dann als weitere Vergewaltigung darstellt. Böhmann wandert sofort wieder in Haft.

Auch im zweiten Verfahren unterbreitet das Gericht Böhmann weniger Haftzeit, wenn er geständig sei. Diesmal lehnt Böhmann dies aber entschieden ab. Die Quittung erhält er prompt: Vier Jahre und drei Monate Gefängnisstrafe. Hinzu kommen weitere zwei Jahre und elf Monate für die vorige Verurteilung.

Überraschende Wende für den achtfachen Vater

Im dritten Haftjahr bekommt Böhmann dann Besuch von seinem Bruder. Der gesteht ihm, mit dessen Frau schon lange vor seiner Inhaftierung eine Beziehung aufgenommen zu haben. Von der Verurteilung seines Bruders will er zunächst nichts gewusst haben. Ahnungslos, so berichtet er, habe er die Frau zu ihrer Zeugenvernehmung im zweiten Strafverfahren gefahren. Sie habe ihm erklärt, es handele sich um eine private Angelegenheit.

Während über Böhmann verhandelt wird, hat sich die Frau bereits mit dessen Bruder verlobt und eine gemeinsame Zukunft geplant. Dem Gericht gegenüber gibt sie gleichwohl an, aufgrund der erlittenen Vergewaltigung nicht mehr in der Lage zu sein, zu einem Mann eine Beziehung zu unterhalten. Dennoch muss Böhmann weiter hinter Gittern ausharren. Als verurteilter Vergewaltiger hat er keine Hafterleichterungen und steht in der Knasthierarchie weit unten.

Schließlich erreicht Lierow ein Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Kassel. Das Gericht kommt nach einer „umfangreichen und gründlichen“ Beweisaufnahme, zu dem Schluss, dass deutliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen, sagt Oberstaatsanwalt Andreas Thöne. Das Kasseler Landgericht vernimmt 28 Zeugen und bewertet entlastende Schriftsätze. Allerdings gibt die Frau noch immer nicht zu, gelogen zu haben.

Doch damit kommt sie nicht mehr durch. Das Landgericht Kassel sieht es als bewiesen an, dass sie in den Verfahren gelogen und eine Fähigkeit zur Manipulation unter Beweis gestellt habe. Welche Strafe auf die Frau zukommt, ist unklar. Böhmann hat kein Interesse daran, dass seine Ex-Frau der Strafverfolgung ausgesetzt wird, lässt er über seinen Anwalt verlauten. Er hoffe, dass aus den Fehlurteilen Lehren gezogen werden.

Quellen: HNA | Focus | Welt | taggedpress.news
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Ehefrau angeblich vergewaltigt - Andreas Böhmann 6 1/2 Jahre unschuldig in Haft

#2

Ungelesener Beitrag von PommesAgnum » Do, 12. Sep. 2019, 02:48

Salva hat geschrieben:
Di, 10. Sep. 2019, 23:36
Über sechs Jahre unschuldig im Gefängnis: Alles begann 2016
Entschuldigung, ich will dem Allcrime-CEO wirklich nix, aber wir schreiben doch das Jahr 2019?!
Salva hat geschrieben:
Di, 10. Sep. 2019, 23:36
"...steht in der Knasthierarchie weit unten."
Ja, das war bestimmt kein Honig schlecken, weil nach ein paar Tagen jemand mitbekommen haben dürfte, warum er einsitzt. Er hat sich dort ja offensichtlich schon mal physisch fortgebildet. Lobenswert, wahrscheinlich aber eher notwendig. Psychisch wäre so eine Weiterbildung dann natürlich wiederum draußen vorteilhafter.
Wenn man mal an die Haft- & Prozesskosten denkt, 8 Kinder, als Hartz IV-Empfänger. Darüber hinaus führte er Parallelbeziehungen und beantragte Frührente, obwohl er, den bei den Insassen heiß begehrten Fitnessraum scheinbar gesundheitlich problemlos und öfter in Anspruch nehmen konnte. Man möge mir bitte verzeihen, es steht mir natürlich nicht zu über den Mann zu urteilen.
Schließlich hat unser Staat Ihm ja aufgrund eines Fehlurteils der Möglichkeit beraubt, die eigenen Kinder aufwachsen zu sehen. Ganze 6,5 Jahre lang, um genau zu sein.
Mal ganz abgesehen von dem noch recht jungen Straftatbestand, aufgrund dessen man Ihn verurteilte. Weil Vergewaltigung in der Ehe eigentlich erst seit rund 22 Jahren bei uns so richtig strafbar ist. Es trat letztlich erst am 1. Juli 1997 in Kraft.

https://www.sueddeutsche.de/leben/sexue ... -1.3572377

Darauf will ich aber gar nicht hinaus. Was mir so sauer aufstößt, ist diese offen an den Tag gelegte Willkür einer Rechtsprechung, bis hin zur Nötigung des Inhaftierten. Er sitzt also schon mehrere Monate in U-Haft und bekommt dann selber aber lediglich bloß ein paar Minuten Bedenkzeit, um einen Deal mit Vater Staat einzugehen. Einen Deal, den er gar nicht ablehnen kann. Bei den Optionen ist doch der ganze Deal überflüssig, so what?! Für was würde sich wohl jeder normale Mensch entscheiden, so er denn in der Lage ist selbstständig bis 3 zählen zu können?! Hätte er denn keinen Rechtsbeistand haben müssen, der ihn eventuell mal vorher über ein mögliches Geständnis, plus Konsequenzen informiert?! Ist das bei U-Haft üblich?!

Das Landgericht Darmstadt stellte ihn vor die Wahl: Entweder fünf bis sechs Jahre – oder zwei Jahre und elf Monate plus Aussicht auf vorläufige Haftverschonung und die Chance, seine Kinder sehen zu können.

Bei einem Geständnis, wohlgemerkt. Damit Vater Staat auch definitiv schön "Recht" bekommt.
Allerdings, wem zum Nutzen, kann ich da nur fragen?!
Also es tut mir ja leid, aber für mich ist das Mickey-Mouse Bullshit. Pflanzt sich so n'Richter dann seine Provision damit zurecht?! Weil, da brauche ich doch auch gar kein teures Verfahren. Da kann man doch direkt und sofort nach gut dünken entscheiden. Dann sollen die uns Pöbel doch bitte auch sofort nach Gutsherren-Art aburteilen. Nach Stand, geschieht das ja sowieso schon längst, da machen wir uns doch bitte nix vor. Man möge in Gänze über uns richten, wenn es beliebt.
Da soll mir mal einer kommen, wir hätten ein unabhängiges Strafrecht-/Justizsystem.
Weil das liest sich doch, wie das typische Problem unserer Zeit.
Alles auf Gewinnorientierung, sprich, maximale Kapitalrendite um jeden Preis. Auch unsere Gerichte benehmen sich, wie die Unternehmen, die Konzerne & Companys. In diesem Fall, kann man es ja förmlich riechen. Da wird alles daran gesetzt, das der Staat gewinnt. Die Quote erfüllt wird. Das er Recht bekommt, wie die Bank im Spiel-Casino, die hat nämlich auch immer Recht. Ich meine, wat soll denn das für eine Wahl sei, "Entweder gehste sechs Jahre ab, und siehst auch Deine Kids nicht in der Zeit, oder aber, Du bist in zwei Jahren draußen mit allen Privilegien im JVA-Besuch." Yippey! Wofür entscheidet sich der Kandidat wohl?!
Was soll das schlussendlich für ein Recht sein?! Ist doch Bananen-Republik-Recht! Man tut nur so, als ob man Recht sprechen würde, genau so verhält es sich ja leider mit unserer gesamten Fassaden-Demokratie.
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#3

Ungelesener Beitrag von Salva » Sa, 14. Sep. 2019, 09:48

PommesAgnum hat geschrieben:
Do, 12. Sep. 2019, 02:48
Entschuldigung, ich will dem Allcrime-CEO wirklich nix, aber wir schreiben doch das Jahr 2019?!
Ich glaube, dass das ein Fehler im Quellartikel war, den ich einfach übernommen hatte.

Hier nochmal konkret und übersichtlicher:

Andreas Böhmann war nach zwei Anzeigen seiner Ehefrau in Darmstadt 2007 und 2008 zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt sieben Jahren und zwei Monaten wegen Vergewaltigung verurteilt worden:

- Im ersten Prozess zu zwei Jahren und elf Monaten
- im zweiten zu vier Jahren und drei Monaten.

Jedes Urteil war, wie man jetzt weiß, ein Fehlurteil. Zwei Darmstädter Strafkammern, die 3. und die 12., hatten einen Unschuldigen erst in U-Haft, dann in Strafhaft geschickt. Sechseinhalb Jahre büßte Böhmann für eine Schuld, die ihm nicht nachzuweisen war.

Quelle: taggedpress.news

Der Artikel ist übrigens recht informativ und lesenswert :like:
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Ehefrau angeblich vergewaltigt - Andreas Böhmann 6 1/2 Jahre unschuldig in Haft

#4

Ungelesener Beitrag von Duchonin » Sa, 2. Mai. 2020, 12:05

Und sitzt jetzt die Ehefrau wegen mittelbarer Freiheitsberaubung ?
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#5

Ungelesener Beitrag von Salva » Sa, 2. Mai. 2020, 12:18

@Duchonin
Soweit ich weiß: nein.
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