Schon Mitglied bei Allcrime?
Werde jetzt Teil unserer Community und du kannst auf unserer kostenlosen und werbefreien Kriminalplattform u.a. Themen erstellen, Beiträge verfassen, chatten, dich privat mit anderen Mitgliedern austauschen sowie alle Board-Funktionen nutzen. [Mitglied werden]

2018 | Berlin: Der todliche Unfall von Fabien Martini (21)

Wenn Unrecht Recht wird.
Benutzeravatar
Diskussionsleitung
Salva
Administrator
Administrator
Beiträge zum Thema: 1
Reaktionen: 519
Beiträge: 7779
Registriert: 05.08.2014
Geschlecht:
Wohnort: Cadolzburg
Alter: 57
Status: Offline

2018 | Berlin: Der todliche Unfall von Fabien Martini (21)

#1

Ungelesener Beitrag von Salva » Di, 19. Apr. 2022, 18:14

Am Montag, den 29. Januar 2018, kam es in Berlin kurz nach Mittag zu einem folgenschweren Verkehrsunfall bei dem die damals 21-jährige Berlinerin Fabien Martini tödlich verunglückte.

Bild
Fabien Martini wurde nur 21 Jahre alt.
Foto: gedenkseiten.de

Am Unfall war der weiße Renault Clio von Fabien Martini sowie ein Streifenwagen der Berliner Polizei beteiligt. Laut Medien befand sich der Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn auf einer Einsatzfahrt zu einem Raubüberfall in der "Mall of Berlin" am Leipziger Platz - später stellte sich heraus, dass es sich um einen Fehlalarm handelte - und fuhr demnach mit Sonderrechten.

Die Besatzung des Polizeifahrzeuges fuhr mit einer Geschwindigkeit von 136 Km/h durch den leeren Tunnel in der Grunerstraße in Richtung Potsdamer Platz. Üblich sind bei einer solchen Einsatzfahrt und den örtlichen Gegebenheiten etwa 70 bis 80 Km/h. Die Geschwindigkeit von 136 Km/h wurde am Ende des Tunnels auf einer Anhöhe, welche kurvig verläuft, erreicht. Somit war nicht erkennbar, wie sich der Verkehr nach der Anhöhe verhält.

Fabien Martini befuhr die besagte Straße hinter dem Tunnel. Sie war mit ihrem Auto langsam von der rechten über die mittlere Spur nach links zum Parken auf die Mittelinsel abgebogen. Dabei kam es um 13:04 Uhr dann zum Unfall. Mit 93 Km/h bohrte sich der Streifenwagen in Fabiens Fahrzeug.

Trotz der intensiven Bemühungen der Rettungskräfte erlag Fabien Martini um 13:35 Uhr noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen.

Der Polizeibeamte HK Peter G. und sein Beifahrer, ein junger Beamter, werden leicht verletzt in die Charité gebracht. Dieses Detail wird später noch von großer Bedeutung sein.

Bild
Vom Grunertunnel aus kommend krachte das Polizeieinsatzfahrzeug in Fabiens Clio und bohrte sich 60cm tief in die Fahrerseite.
Screenshot: YouTube-Video von "Der Fall" / Abendschau/RBB

Bild
Fabien Martinis zerstörter Kleinwagen.
Foto: Berliner Morgenpost

Bild
Das am Unfall beteiligte Einsatzfahrzeug der Berliner Polizei.
Foto: imago/Olaf Selchow/Berliner Morgenpost


1. Prozess und Urteil

Der 54-jährige Unfallfahrer, Hauptkommissar Peter G., wurde im Dezember 2020 vom Amtsgericht Tiergarten wegen "Fahrlässiger Tötung" zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Tiergarten hatten sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft und Nebenklage Berufung eingelegt.


2. Prozess und Urteil

Fast vier Jahre nach dem Unfalltod von Fabien Martini hat das Landgericht Berlin am Dienstag, den 14. Dezember 2021, den Polizisten Peter G. wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Es wurden 150 Tagessätze zu 86 Euro verhängt, insgesamt also 12.900 Euro.

Damit blieb das Landgericht deutlich unter dem in erster Instanz verhängten Strafmaß, es hob die vom Amtsgericht Tiergarten verhängte Strafe auf und senkte sie ab. Die Berufung der Verteidigung von G. hatte teils Erfolg, ansonsten lehnte das Landgericht die Berufungen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage gegen das Urteil der ersten Instanz ab.

"Bei der Situation wären höchstens 80 Stundenkilometer zulässig gewesen", urteilte nun das Landgericht. Doch die grundsätzliche Frage, wie schnell ein Einsatzfahrzeug fahren dürfe, könne das Gericht nicht klären. Ein Einzelfall sei zu prüfen. Und Peter G., der ortskundig war, hätte damit rechnen müssen, dass sich in dem Bereich Fahrzeuge auf der Suche nach Parkplätzen befinden könnten. Er habe aber auch darauf vertrauen dürfen, dass Fabien Martini weiter geradeaus fährt.

Gericht: Martini hätte mit Schulterblick Polizeiwagen sehen müssen

Anders als die Vorinstanz ging das Berufungsgericht von einem Mitverschulden der jungen Autofahrerin aus, die sich verkehrswidrig verhalten haben. Sie hätte "mit Schulterblick den Funkwagen sehen müssen und reagieren können", hieß es.

Nicht von einer groben, sondern von einer "mittleren Fahrlässigkeit" gehe das Gericht aus, begründete der Vorsitzende Richter. Es sei berücksichtigt worden, dass es keine gesetzliche Regelung einer Höchstgeschwindigkeit für Einsatzfahrten unter Nutzung von Sonder- und Wegerechten gebe. Wegen der fehlenden Regelung "musste es dem Angeklagten nicht zwingend einleuchten, dass er viel zu schnell war". Zudem würden Einsatzfahrten unter hohem Stress verlaufen. Auch das sei zu bedenken.

Ein positiver Alkoholtest, mutmaßliche Vertuschungen, verweigerte Akteneinsichten, Ermittlungen gegen die Verteidigung der Nebenklger und weitere Ungereimtheiten

Ein Jahr nach dem Unfall steht das Vertrauen in den Rechtsstaat auf dem Spiel. Denn im Herbst 2018 kam aufgrund eines anonymen Schreibens - angeblich vom Ehemann einer Auszubildenden, die in der Charité tätig war - heraus, dass der Fahrer nicht nur viel zu schnell unterwegs war, sondern dass er zum Unfallzeitpunkt betrunken gewesen sein könnte. Bei einer medizinischen Untersuchung in der Charité etwa eine Stunde danach werden 1,1 Promille Alkohol im Blut des Beamten festgestellt. Haben seine Kollegen verschwiegen, dass sich Peter G. betrunken ans Steuer gesetzt haben könnte? Fakt ist, dass Peter G. nach dem Unfall keinen Alkohol getrunken haben konnte, da er sich aufgrund seiner leichten Verletzungen in der Charité befand. Sollte er also tatschlich betrunken gewesen sein, dann war er es bereits bei seinem Dienstantritt um 12.45 Uhr in der Direktion 3, Abschnitt 32 in der Keibelstraße, im nördlichen Hinterland des Alexanderplatzes.

Tagesspiegel-Recherchen deuten darauf hin, dass nicht nur bei der Polizei einseitig ermittelt wurde, sondern dass offenbar auch die Staatsanwaltschaft lange Zeit wenig Interesse daran zeigte, den Fall lückenlos aufzuklären. Sollte ein Polizist geschützt werden? Warum wurde nicht danach gefragt hat, was mit Peter G. los war? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?

Bild
Die Eltern von Fabien Martini wenden sich in ihrer Trauer und Wut auch an die Öffentlichkeit und fordern eine gerechte Aufbereitung der Ereignisse und ein am Ende gerechtes Urteil.
Foto: Stefan Jacobs/Tagesspiegel



Eine Zusammenfassung des tragischen und mutm. skandalösen Falles:


Video: Tödlicher Einsatz mit 136km/h | Was darf die Polizei? | Der Fall Fabien M.

Quellen: Tagesspiegel mit weiterführenden Links | Gedenkseite für Fabien Martini | Petition zur Zulassung der Blutprobe/Alkoholtest
0



Benutzeravatar
Duchonin
Level 5
Level 5
Beiträge zum Thema: 1
Reaktionen: 351
Beiträge: 1476
Registriert: 13.04.2020
Geschlecht:
Wohnort: Mogilow
Alter: 47
Status: Offline

2018 | Berlin: Der todliche Unfall von Fabien Martini (21)

#2

Ungelesener Beitrag von Duchonin » Sa, 4. Feb. 2023, 23:24

Salva hat geschrieben:
Di, 19. Apr. 2022, 18:14
Denn im Herbst 2018 kam aufgrund eines anonymen Schreibens - angeblich vom Ehemann einer Auszubildenden, die in der Charité tätig war - heraus, dass der Fahrer nicht nur viel zu schnell unterwegs war, sondern dass er zum Unfallzeitpunkt betrunken gewesen sein könnte. Bei einer medizinischen Untersuchung in der Charité etwa eine Stunde danach werden 1,1 Promille Alkohol im Blut des Beamten festgestellt. Haben seine Kollegen verschwiegen, dass sich Peter G. betrunken ans Steuer gesetzt haben könnte? Fakt ist, dass Peter G. nach dem Unfall keinen Alkohol getrunken haben konnte, da er sich aufgrund seiner leichten Verletzungen in der Charité befand. Sollte er also tatschlich betrunken gewesen sein, dann war er es bereits bei seinem Dienstantritt um 12.45 Uhr in der Direktion 3, Abschnitt 32 in der Keibelstraße, im nördlichen Hinterland des Alexanderplatzes.
Salva hat geschrieben:
Di, 19. Apr. 2022, 18:14
Der Polizeibeamte HK Peter G. und sein Beifahrer, ein junger Beamter, werden leicht verletzt in die Charité gebracht.Dieses Detail wird später noch von großer Bedeutung sein.
Sorry, hier habe ich meine Zweifel.
1. Hier müsste ja auch das Personal in der Charité an der Vertuschung mit gewirkt haben Glaube ich nicht.
2. Meiner Meinung nach melden sich Streifenpolizisten zu Dienstbeginn beim Diensthabenden des Reviers an. Und der soll das nicht gemerkt haben ?
3. Ich weis nicht, wie es heute bei der Berliner Polizei ist, aber früher war es m.E. so üblich, dass der Streifenführer auf dem Beifahrersitz sitzt, also der jüngere Polizist gefahren ist.
0

Antworten <>

Zurück zu „Justizirrtümer und -skandale“

Wer ist online?

0 Mitglieder | 2 Gäste