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7. Juli 2016: Sexualstrafrecht reformiert

Gesetze, Verordnungen und Urteile.
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Salva
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7. Juli 2016: Sexualstrafrecht reformiert

#1

Ungelesener Beitrag von Salva » So, 21. Aug. 2016, 21:38

Ein weiterer kleiner (Fort)Schritt in Richtung "Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung":

Der Bundestag hat am 7. Juli (2016) den Grundsatz "Nein heißt Nein" im Sexualstrafrecht verankert.
Bild nicht mehr vorhandenFoto: Sergio Moraes/Reuters
Mit breiter Mehrheit hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Strafgesetzbuches und zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (18/8210, 18/8626) in der vom Rechtsausschuss (18/9097) geänderten Fassung angenommen. Auch eine eigene Norm zur sexuellen Belästigung wurde eingeführt. Zudem enthält das Gesetz Änderungen im Hinblick auf die Ausweisungsvoraussetzungen im Aufenthaltsgesetz, die im Zusammenhang mit den neu gefassten Strafnormen stehen. Der Regierungsentwurf hatte ursprünglich vorgesehen, vermutete Schutzlücken etwa im Hinblick auf Überraschungstaten im bestehenden Paragrafen 179 des Strafgesetzbuchs zu regeln. Die geänderte Fassung fasst den Paragrafen 177 ("Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung") neu und lässt dort auch die Missbrauchstatbestände des Paragrafen 179 aufgehen. Die wesentliche Änderung dabei ist, dass alle sexuellen Handlungen gegen den "erkennbaren Willen" einer anderen Person unter Strafe fallen sollen ("Nein heißt Nein"). Für diese Taten ist eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren vorgesehen. Der "erkennbare Wille" muss dabei entweder ausdrücklich verbal oder konkludent, beispielsweise durch Weinen oder Abwehrhandlungen, ausgedrückt werden. Das gleiche Strafmaß ist für Taten vorgesehen, bei denen ein Täter etwa ausnutzt, dass das Opfer nicht in der Lage ist, einen solchen Willen zu bilden oder zu äußern. Ebenfalls umfasst davon sind Taten, bei denen ein Überraschungsmoment ausgenutzt wird. Zudem werden Fälle, in denen dem Opfer ein "empfindliches Übel" im Sinne des Paragrafen 240 droht beziehungsweise wenn es durch Drohung damit genötigt wird, künftig so bestraft. In bestimmten Fällen ist auch der Versuch strafbar. Mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr werden Fälle bestraft, in denen die Unfähigkeit zur Bildung oder Äußerung eines Willens auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht. Die Nötigungstatbestände - Anwendung von oder Drohung mit Gewalt sowie das Ausnutzen einer schutzlosen Lage - bleiben erhalten. Der besonders schwere Fall (Vergewaltigung), bei dem der Täter den Beischlaf vollzieht oder beispielsweise das Opfer anderweitig penetriert und der eine Mindestfreiheitsstrafe von zwei Jahren vorsieht, bezieht sich nicht nur auf die sexuelle Nötigung, sondern auf alle sexuellen Übergriffe der neu gefassten Strafvorschriften. Als neuer Straftatbestand wird die sexuelle Belästigung normiert, die Taten erfasst, die nicht die Erheblichkeitsschwelle für "sexuelle Handlungen" überschreiten. (...)
Deutscher Bundestag
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Re: 7. Juli 2016: Sexualstrafrecht reformiert

#2

Ungelesener Beitrag von Salva » So, 21. Aug. 2016, 21:53

Eine kurze Zusammenfassung der Änderungen bei Zeit online. Daraus:
(...)Das Gesetz sieht vor, dass die bislang gültigen juristischen Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen sexueller Nötigung oder Vergewaltigung nach Paragraf 177 verringert werden. Bisher galt, dass ein Täter nur belangt werden kann, wenn er Gewalt angedroht oder angewendet hat, oder das Opfer schutzlos war.
(...)
Als eines von vielen Beispielen für die derzeitige problematische Rechtslage führten Befürworter der Reform eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes an. Dieser hatte 2012 den Fall einer Frau nicht als Vergewaltigung gewertet, die sexuelle Handlungen ihres Ehemannes verbal abgelehnt, bei dem dann folgenden Übergriff aber aus Rücksicht auf die schlafenden Kinder keine eindeutige Gegenwehr geleistet hatte. Diese Schutzlücken sollen mit der Reform des Paragrafen 177 nun geschlossen werden.
(...)
Konkret soll künftig der "Nein heißt Nein"-Grundsatz gelten. Er besagt, dass sich schon derjenige strafbar macht, der "gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen" vollzieht. Dafür drohen künftig Haftstrafen von bis zu fünf Jahren. "Erkennbar" bedeutet dabei, dass auch einfache verbale Äußerungen wie eben ein "Nein" oder ein "Hör auf" genügen können. Entscheidend ist, dass das Opfer nachvollziehbar darstellen kann, dass es sich gegen die Handlung ausgesprochen hat. Es gilt also der Grundsatz, dass eine Straftat schon dann vorliegt, wenn der Täter sich über den Willen des Opfers hinwegsetzt, ohne ihn dabei zwingend aktiv überwinden zu müssen. Die Beweislast bleibt aber beim Opfer.

Auch die Überrumpelung durch Grapschen oder Küssen kann künftig über den neuen Paragrafen 184i einfacher als Straftat geahndet werden. Die Überlegung dabei ist, dass das Opfer aufgrund der Überraschung keinen Widerstand leisten kann. Solche Fälle konnten bisher nur unter bestimmten Umständen unter Paragraf 185 als Beleidigung verfolgt werden. Künftig drohen dafür bis zu zwei Jahre Haft.
(...)
Mit Paragraf 184j wird ein neuer Straftatbestand der sexuellen Belästigung eingeführt. Er richtet sich gegen Personen, die aus einer Gruppe heraus eine andere Person bedrängen, um sie zu begrapschen oder sexuell zu nötigen. Künftig macht sich bei einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren schon derjenige strafbar, der Teil einer solchen Gruppe ist.
(...)
Ein weiterer Bericht mit Leserkommentaren bei internet-law.de
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