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von Salva
Sa, 10. Sep. 2022, 12:15
Forum: Cold Cases
Thema: 1999 | Erlangen | Susanne Malisch (27) ermordet
Antworten: 1
Zugriffe: 666

1999 | Erlangen | Susanne Malisch (27) ermordet

Tötungsdelikt

Es ist einer der spektakulärsten und rätselhaftesten Tötungsdelikte der Region: die Ermordung der Arzthelferin Susanne Malisch in einer Erlanger Tiefgarage Anfang März 1999. Das Schicksal der 27-jährigen Witwe und jungen Mutter erschütterte damals die Menschen über Franken hinaus.

Bild
Susanne Malisch, † 27.
Foto: nordbayern

Zur Person
GeschlechtWeiblich
Titel...
NameMalisch
VornameSusanne
Geboren am-
Alter27
Geburtsort-
NationalitätDeutsch
Letzter WohnortErlangen

► Personenbeschreibung
-

► Kleidung/Besonderheiten
-

► Anmerkungen
-

Angaben zum Sachverhalt
Datum des Ereignisses5. März 1999
Zeitraum des Ereignisses07.30 Uhr
Ort des EreignissesTiefgarage an der Nägelsbachstraße, Erlangen


Polizeiliche Angaben, Fragen etc.
-

Quellen
nordbayern

► Sachverhalt

Gegen 7.45 Uhr fand eine Kollegin die Schwerverletzte in der Tiefgarage in einer Blutlache liegend. Susanne M. starb noch am Tatort. Dort stellte die Polizei neben etlichen Spuren wie Zigarettenkippen auch eine Messerscheide sicher, konnte die Tatwaffe aber nie finden.

Bild
In dieser Tiefgarage an der Erlanger Nägelsbachstraße wurde Susanne Malisch durch Messerstiche tödlich verletzt.
Foto: nordbayern

Die Ermittlungen gestalteten sich fortan schwierig, wenngleich rasch feststand: Täter und Opfer mussten sich gekannt haben. Zu dieser Überzeugung gelangte ein Profiler. Doch weder im beruflichen noch im privaten Umfeld wurde die zeitweise aus 60 Beamten bestehende "Soko Susanne" fündig. Auch bei "Aktenzeichen XY... ungelöst" und der Sat1-"Fahndungsakte" wurde der Fall ausgestrahlt – ohne Ergebnis.

Erst 2008 kam die Polizei im Zuge eines Missbrauchsverfahrens einem möglichen Täter auf die Spur. Die Staatsanwaltschaft glaubte ein Motiv und damit auch Susanne M.s Mörder gefunden zu haben: Peter S., einen Bekannten der 27-Jährigen.


Missbrauchsfall sorgte für Spur

Der Landschaftsgärtner aus dem Kreis Erlangen-Höchstadt ist der Vater des Patenkindes von Susanne M. Zu dieser Patenschaft war es wohl gekommen, weil Susanne M. eine gute Freundin der Ex-Frau von Peter S. war. 1998, im Jahr vor dem Mord, hatte sich der dreifache Familienvater an seiner damals 13-jährigen Tochter vergangen. Das Mädchen, so vermuteten die Ermittler, habe sich möglicherweise ihrer Patin anvertraut, weshalb der Vater befürchtet habe, dass Susanne M. zur Polizei gehen und den sexuellen Missbrauch zur Anzeige bringen würde.

Auf dieser Prämisse beruhte die Anklage. Im ersten Prozess vor dem Nürnberger Schwurgericht, der von Oktober 2009 bis Januar 2010 dauerte, stritt Peter S. den Mordvorwurf ab, räumte jedoch den Missbrauch der Tochter ein. Genauer gesagt, ließ er dies über seinen Verteidiger erklären. Der damals 44-Jährige sagte nämlich während beider Prozesse kein Wort.

Nach der Anhörung von Dutzenden Zeugen und Sachverständigen sprach das Schwurgericht Peter S. vom Mordvorwurf frei, verurteilte ihn aber wegen sexuellen Missbrauchs zu vier Jahren Freiheitsstrafe. "Es bestehen vernünftige Zweifel an der Täterschaft von Peter S.", erklärte der Vorsitzende Richter damals zum Mordvorwurf. Weder gebe es objektive Spuren noch ein nachvollziehbares Tatmotiv, so die Grundaussage. Dass Peter S. tötete, um damit den Missbrauch an seiner Tochter zu verdecken, passe so nicht: Es gebe keine Beweise, dass Susanne M. von dem Missbrauch ihres Patenkindes tatsächlich etwas wusste.


Opfer hatte sich massiv gewehrt

Außerdem: Die Polizei habe weder DNA-Spuren von Peter S. an der Leiche noch solche von Susanne M. an der Kleidung, im Auto oder in der Wohnung von Peter S. gefunden. Schon damals spielten die DNA-Spuren unter den Fingernägeln des Opfers eine zentrale Rolle, hatte sich Susanne M. doch wohl massiv gegen ihren Mörder gewehrt. Die sichergestellte DNA-Spur einer unidentifizierten männlichen Person müsse die DNA des Täters sein, so der Richter.

Der Paukenschlag folgte im Februar 2011: Auf die Revision, die in erster Linie von der Staatsanwaltschaft betrieben worden war, hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf: Der 1. Strafsenat des BGH bemängelte einen handwerklichen Fehler in der Urteilsbegründung, nämlich, dass die Beweiswürdigung der Nürnberger Richter zur Frage des Alibis des Angeklagten nicht ausreichend erörtert worden sei.

Der Fall wurde also zurückverwiesen an das Landgericht. Hier musste der Mordprozess von der 7. Strafkammer neu aufgerollt werden. Doch auch dieses Gericht kam Mitte Juni 2012 zu dem Ergebnis, dass dem Landschaftsgärtner die Tat nicht nachzuweisen war.


In Wohnung abgehört

Der neue Vorsitzende formulierte damals: "Summa summarum: Wir haben nichts!" Weder Zeugen, Sachverständige oder die Expertise eines Profilers, noch die Auswertung von Spuren - nicht einmal Abhörmaßnahmen in der Privatwohnung von Peter S. ("Großer Lauschangriff") - hätten einen Beleg dafür geliefert, dass der Landschaftsgärtner der Täter war.

Co-Verteidiger in der zweiten Hauptverhandlung war der Nürnberger Rechtsanwalt Ralf Peisl. Hatten im ersten Prozess noch der Staatsanwalt lebenslang und die Verteidigung Freispruch gefordert, waren im zweiten Prozess beide Seiten einig, dass hier keine Verurteilung wegen Mordes infrage kam. "Ohne Bauchgrummeln haben wir einen Freispruch beantragt", so Peisl, der seinen Mandanten als jemanden beschreibt, der einer solchen Tat von seiner Persönlichkeit her nicht mächtig gewesen sei.


Einjährige Tochter wurde zur Waise

Nebenklägeranwältin Andrea Kühne, die seinerzeit die Angehörigen von Susanne M. vertrat, erinnert sich: "Die Verfahren waren sehr umfangreich und äußerst emotional." Die Arzthelferin hatte bereits ein schweres Schicksal erlitten: Am Silvestertag 1997 war ihr Ehemann erst 32-jährig gestorben. Im April 1998 brachte die junge Witwe dann ihre Tochter zur Welt.

Als Susanne M. getötet wurde, war ihr Baby noch kein Jahr alt. Anwältin Kühne hofft, "dass man an der Aufklärung des Mordes dranbleibt". Und für Anwalt Peisl steht fest: "Die wahre Geschichte hinter dem Mord ist sicher eine ganz andere." Nach all den Jahren könne nur noch Kommissar Zufall helfen.

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