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Ereignisse & Prozesse

Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.
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Eagle
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Ereignisse & Prozesse

#1

Ungelesener Beitrag von Eagle » Mi, 30. Sep. 2015, 15:23

Spätere Entwicklungen
Im Jahr 2003 richtete der Staat Utah sein Augenmerk verstärkt auf die Kirche. Rodney Holm, Polizeioffizier und FLDS-Mitglied, wurde wegen unerlaubten Sexualverkehrs mit einer 16- oder 17-jährigen Jugendlichen, der Bigamie in einem Fall und der Schwängerung von Ruth Stubbs verurteilt. Das Urteil stellt die erste gerichtliche Maßnahme gegen ein Kirchenmitglied seit dem Short Creek Raid dar. Jon Krakauer beschäftigt sich in seinem im Jahr 2003 erschienenen Buch Mord im Auftrag Gottes im Stil von investigativem Journalismus mit einzelnen Aspekten der FLDS. Seine besondere Aufmerksamkeit gilt der Praxis der Polygynie unter mormonischen Fundamentalisten im Kontext der gesamtmormonischen Geschichte mit einem Schwerpunkt auf den Lafferty-Brüdern, die im Namen des Glaubens ihre Schwägerin und ihre Nichte töteten.
Im November 2003 erwarb das FLDS-Mitglied David Allred „als Jagd-Revier“ die 5,5 km² große Isaacs Ranch 6 km nordöstlich von Eldorado, Texas. Zwischen 30 und 40 Bauarbeiter wurden von Colorado City und Hildale entsandt, um Arbeiten in Angriff zu nehmen. Drei dreigeschossige Gebäude, jedes mit 740 m² bis 930 m², eine Beton-Fabrik und ein Feld wurden bald fertiggestellt.
Am 10. Januar 2004 erlitt die FLDS einen schweren Schlag: Dan Barlow, Bürgermeister von Colorado City, und weitere etwa 20 Männer wurden exkommuniziert, von ihren Frauen und Kindern, die anderen Männern gegeben wurden, getrennt und verloren das Recht in der Stadt zu leben. In der Folge flohen vermutlich einige weibliche Jugendliche mit Unterstützung von Anwälten, die die Polygynie ablehnen. Zwei der jungen Frauen, Fawn Broadbent und Fawn Holm, fanden sich bald in einem weit verbreiteten Disput über Freiheit und Sorgerecht wieder. Am 15. Februar entflohen sie der staatlichen Fürsorge und hielten sich in der Folgezeit in unterschiedlichen Staaten auf.
Nachdem Flora Jessop, eine profilierte FLDS-Kritikerin in einer ABC-Sendung zur Primetime am 4. März 2004 aufgetreten war, nahmen besorgte Bewohner von Eldorado Kontakt mit ihr auf. Sie begann ihre Nachforschungen und gab am 25. Mai 2004 eine Pressekonferenz. Darin bestätigte sie, dass die neuen Nachbarn FLDS-Anhänger seien.
Am 18. Mai 2004 besuchten David Doran, Sheriff des Schleicher County, und sein Stellvertreter Colorado City. Dabei gab die FLDS offiziell bekannt, dass der Schleicher County die künftige Zentrale der Kirche sein werde. Die Kirche begann, dort einen Tempel zu errichten, die „Yearning for Zion Ranch“ („Sehnsucht-nach-Zion-Ranch“) oder „YFZ Ranch“. Umgeben ist sie von einer Mauer. Der „Eldorado Success“, eine lokale Zeitung, berichtete, dass der Tempel am 1. Januar 2005 durch Warren Jeffs eingeweiht worden sei.
Im Oktober 2004 wurde berichtet, dass David Allred eine 24 Hektar große Parzelle bei Mancos, Colorado, zwischen Cortez und Durango gelegen, erwerben wolle, was die Kirche jedoch dementierte.
Am 11. Juli 2005 wurden acht Männer der FLDS wegen sexueller Kontakte mit Minderjährigen angeklagt. Zumindest einige von ihnen stellten sich den Behörden von Kingman, Arizona. Im Mai 2006 nahm das FBI Warren Jeffs in die Liste der Zehn am meisten gesuchten Verbrecher der USA wegen sexueller Verfehlungen gegenüber Minderjährigen auf. Im August 2006 wurde er zufällig nördlich von Las Vegas auf der Autobahn gefasst. Bei einer Routineverkehrskontrolle war er aufgefallen, weil die Zulassung seines Wagens abgelaufen war. Am 21. November 2007 wurde Jeffs in St. George, Utah zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht hatte den Anführer der Fundamentalistischen Kirche für schuldig befunden, einer damals 14-Jährigen trotz ihres Widerstands befohlen zu haben, ihren fünf Jahre älteren Cousin zu heiraten und Sex mit ihm zu haben.
Die beim Prozess 21-Jährige hatte in dem Prozess als Zeugin ausgesagt. Jeffs verheiratete das damals 14-jährige Mädchen in einem Motel in Nevada und forderte es auf, sich seinem Mann „mit Leib und Seele“ hinzugeben. Das Urteil wurde im Juli 2010 durch den Obersten Gerichtshof des Staates Utah aufgehoben, weil die Geschworenen durch den Richter über die zu entscheidenden Rechtsfragen falsch informiert worden waren. Jeffs wurde an Texas ausgeliefert.
Bei einer Razzia am 5. April 2008 auf dem Gelände der Sekte am Rande des Ortes Eldorado im Westen von Texas hat die Polizei 183 Frauen und Kinder in Gewahrsam genommen. Es bestehe der Verdacht, dass sie Opfer von Sexualstraftaten und Vernachlässigung geworden seien. Die Texanische Jugendbehörde Department of Family and Protective Services wurde für die weitere Behandlung der Fälle stark kritisiert. FLDS wird vorgeworfen, die Behörde und individuelle Mitarbeiter mit juristischen Drohungen so eingeschüchtert zu haben, dass die Fälle nicht ordnungsgemäß behandelt wurden.
So beantragte die Behörde entgegen den Empfehlungen ihrer Juristen nie die Aufhebung des Sorgerechts der Eltern, sondern nur den vorübergehenden Aufenthalt in Pflegefamilien. Und auch auf diesen verzichtete das Department im zunehmend mehr Fällen. Der eigentlich als Leiter des Falles herangezogene Anwalt der Behörde gab sein Mandat zurück, als das Department über 400 Einzelfälle einseitig einstellte, nicht weiter verfolgte und damit auch das Recht aufgab, Auflagen für den weiteren Umgang der Kinder zu machen. Wegen der Untätigkeit des Departments entschied am 29. Mai 2008 der oberste Gerichtshof von Texas, dass die Entfernung der Kinder nicht rechtens gewesen sei und ordnete die Rückführung der Kinder zu ihren Eltern an.
Am Donnerstag, 4. August 2011, wurde Warren Jeffs in San Angelo, Texas, wegen sexuellen Missbrauchs zweier Mädchen schuldig gesprochen. Er soll sich im Jahr 2006 an einer Zwölfjährigen vergangen und mit einer 15-Jährigen ein Kind gezeugt haben, die er im Jahr 2005 missbrauchte. Die Vergehen waren damals als „spirituelle Heirat“ bezeichnet worden. Beide Frauen waren nach dem Schutzalter des Staates Texas nicht einwilligungsmündig. Das Gericht verurteilte ihn im ersten Fall zu lebenslanger Haft, im zweiten zu weiteren 20 Jahren Gefängnis. Außerdem erhielt er eine 10 000-Dollar-Geldbuße.
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#2

Ungelesener Beitrag von Eagle » So, 29. Nov. 2015, 13:26

Perverser Prophet, auch Teufel

Zuerst verbot Warren Jeffs seinen Anhängern das Lachen, dann rüstete er sie mit Waffen aus – und die Behörden schauten weg. Doch seit zwei Wochen steht der Führer einer polygamen Sekte auf der FBI-Liste der meistgesuchten Verbrecher. Amerika fürchtet sich vor den letzten Tagen.

«Ich kann nicht fassen, dass das heute in den USA passiert», sagt Anderson Cooper, der nicht zu Pathos neigt. Der CNN-Starreporter wiederholt es während der einstündigen Sendung über Warren Jeffs mehrere Male. Cooper wollte wissen, weshalb der selbsternannte Prophet einer seit Jahrzehnten als polygam bekannten Sekte dem FBI plötzlich so gefährlich scheint, dass es Anfang Mai ein Kopfgeld von 100000 Dollar auf ihn aussetzte und seinen Namen auf die Liste der zehn meistgesuchten Männer Amerikas setzte. Gemeinsam mit Osama Bin Laden, Mördern, Drogenbaronen. In den USA gibt es Tausende religiöser Splittergruppen mit bizarren Lebensformen, die unbehelligt in abgeschiedenen Ecken leben. Jeffs predigt und lebt illegale Polygamie. Warum macht ihn das zum Schwerverbrecher?

Jene, die mit dem fünfzigährigen Sektenführer näher zu tun hatten, geben ungefähr alle die gleiche Antwort: «Weil es nicht um Polygamie geht, sondern um Kindsmissbrauch und Versklavung. Und weil es enden wird wie in Waco.» Im texanischen Waco hatten sich 1993 der selbsternannte Messias David Koresh und 56 Gefolgsleute mit 24 Kindern sieben Wochen lang in einem Gebäude verbarrikadiert und auf jeden geschossen, der sich näherte. Nach einem Tränengasbombardement durch das FBI wurde das Gebäude von innen angezündet. Niemand überlebte.

«Ich bin sehr besorgt. Das FBI ist sehr besorgt», sagt Utahs Generalstaatsanwalt Mark Shurtleff. «Warren Jeffs hat eine bewaffnete Armee hinter sich. Sie werden alles tun, ihn zu schützen. Und Jeffs ist ein Feigling, sonst hätte er sich gestellt.» Wie viele Waffen die Mormonensekte besitzt und angeblich in Felshöhlen deponiert hat, ist seit Jahren Gegenstand von Gerüchten. Die Polizei bestätigt bloss eine Lieferung von 150 Sturmgewehren aus dem Jahr 1982.

Seit Warren Jeffs vor vier Jahren als Nachfolger seines Vaters Rulon die Präsidentschaft über die schätzungsweise 10000 Anhänger der Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (FLDS) im Arizona Strip übernahm, tyrannisierte er die Gemeinde mit einer Willkür, für die jenen, die ihr unterworfen waren, immer nur der Vergleich mit der Gestapo oder den Taliban einfällt. Der schmächtige Mann mit der melodiösen Stimme verbot Zeitungen, Musik, Fernsehen, Filme, Bücher, private Telefonanschlüsse, Schwimmen, jede Art von Wettkampfsport und schliesslich auch das Lachen. Er liess alle Bücher verbrennen und Hunde erschiessen und schickte seine «Gottesschwadron» genannte Hilfstruppe junger Männer immer häufiger unangemeldet in die Häuser der Gläubigen, um zu überprüfen, ob seine Gebote auch eingehalten wurden.

Übertretungen wurden von Prophet Jeffs mit Exkommunikation des Familenvaters oder mit dem Befehl geahndet, er müsse den einen oder anderen Sohn aus der Familie entfernen. An die vierhundert «lost boys», verstossene Jugendliche, die von der lokalen Polizei irgendwo weit ausserhalb der Gemeinde abgesetzt wurden, sind den Behörden bekannt.

Unser Herr und Gebieter
Richard Gilbert wurde mit 16 aus der FLDS ausgeschlossen, «weil ich in die öffentliche Schule wollte». Tommy Steed, 15, war erwischt worden, als er einen Film ansah. Bei anderen hatte ein kurzärmliges Hemd oder ein Wortwechsel mit einem Mädchen gereicht. Privatdetektiv Sam Brower, der im Auftrag einer Gruppe von FLDS-Exkommunizierten arbeitet, sagte, der wahre Grund für den zunehmenden Ausschluss junger Männer sei schlichte Konkurrenz: «In einer polygamen Gemeinde muss es sehr viel mehr Hennen als Hähne geben. Jeffs ist ein Terrorist, dessen Terror sich gegen die eigenen Leute richtet.» Immer häufiger exkommunizierte Jeffs männliche Mitglieder, weil Gott ihm enthüllt habe, sie seien nicht vertrauenswürdig. Vielen Ehemännern nahm er Frauen und Kinder weg und teilte die Mütter innerhalb weniger Tage anderen Männern zu.

Einer von ihnen war der ehemalige Gemeinde- und Kirchenrat Richard Holm, aufgewachsen in Colorado City mit elf Müttern und sechzig Geschwistern, fünfzig Jahre lang ein untadeliges Mitglied. Im November 2003 teilte ihm sein Schwiegervater eines Abends mit, er müsse auf Geheiss des Propheten seine beiden Töchter – Holms Ehefrauen – und ihre sieben Kinder neu zuordnen. Holm verlangte eine Unterredung mit dem Propheten. Auf seine ratlose Frage nach seinen Verfehlungen sagte Warren Jeffs: «Der Herr sagt mir, dass du die Gemeinde verlassen musst.» Holm zog in ein Motel.

Wie alle Ausgewiesenen wurde er angehalten, eine Liste seiner Sünden zu verfassen. Wenn seine Liste mit den Verfehlungen übereinstimme, von denen Gott ihm berichtet habe, hatte Jeffs gesagt, könne eine Rückkehr erwogen werden. Holm schrieb mehrere Briefe. Von Jeffs hörte er nie wieder. Nach Meinung der Ermittler dienen die Bekennerbriefe der verzweifelten Männer als eines von vielen Instrumenten, verborgene Auflehnung in der Gemeinde zu orten. Sechs Wochen später bekam Holm Besuch von seinem Bruder Edson, der ihm mitteilte, Jeffs habe ihm die Verantwortung für die beiden Frauen und ihre Kinder übertragen. «Sagst du mir, dass du jetzt mit ihnen verheiratet bist?», fragte Holm. Edson nickte. So hatte es der Prophet vom Herrn aufgetragen bekommen. Richard Holm hat einen weltlicheren Verdacht: Edson hatte kurz zuvor dem Propheten seine beiden jungen Töchter zur Vermählung angeboten. Holms nicht mehr ganz so junge Frauen waren die Entschädigung dafür.

Der Hormone-Mormone
Weder Richard Holm noch seine Frauen protestierten. Jeffs Forderung nach absolutem Gehorsam war nichts Neues. Gehorsam war immer oberstes Gebot der FLDS-Propheten gewesen. Wer im Arizona Strip gross wurde, hatte nie etwas anderes gelernt als Unterwerfung. «To keep sweet» nennen sie es in der FLDS-Sprache, sanft bleiben. Neu an Rulon Jeffs, 15 Jahre lang Prophet, und jetzt an seinem Sohn Warren, Ehemann von mindestens sechzig Frauen, war ihre zunehmend grausamere Unberechenbarkeit. «Ich habe eine Ecke in meinem Staat», sagt Mark Shurtleff, «in der es schlimmer zugeht als bei den Taliban. Und wir müssen den Vorwurf hinnehmen, dass wir die Opfer von Anfang an nicht geschützt haben.»

Die FLDS trennte sich von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, besser unter dem Namen Mormonen bekannt, als die frommen Siedler in Utah 1890 auf Druck der US-Regierung einwilligten, Polygamie aufzugeben. Im Gegenzug nahm die Regierung Utah als Bundesstaat auf. Die Fundamentalisten konnten die Abweichung von der Lehre des Mormonen-Begründers und rund vierzigfachen Ehemanns Joseph Smith nicht akzeptieren. In ihren Augen hatten die Mormonen eine der entscheidendsten theologischen Grundlagen der mormonischen Lehre aus schnödem politischem Kalkül verraten.

Die Fundamentalisten blieben polygam. Aber polygames Leben in Salt Lake City war zunehmend schwieriger zu verbergen. 1920 zogen ein halbes Dutzend fundamentalistische Familien auf den menschenleeren Arizona Strip zwischen Arizona und Utah, der bis heute zu den spärlichstbesiedelten Gegenden der USA gehört. Im Süden trennt der Grand Canyon den Nordwestzipfel Arizonas vom Rest des Staates ab, im Norden liegen Utahs Canaan Mountains. Auf den beiden gegenüberliegenden Seiten der Strasse, die gleichzeitig Staatengrenze ist, errichteten die frommen Polygamisten die beiden Siedlungen Colorado City, Utah, und Hildale, Arizona.

Ausser den Neuzuzügern lebte praktisch niemand in der sandigen, abgeschotteten Einöde. Das war, was sie sich erhofft hatten: Keiner kümmerte sich mehr um sie. Die seltenen Male, wo ein Vertreter des verhassten Staates auftauchte, überquerten die Bewohner die Strasse und waren damit ausserhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Lokal bestand keine Gefahr von Verfolgung: Sämtliche Gemeinderäte, Lehrer, Richter und Polizisten waren FLDS-Mitglieder. Sie hatten so viele Frauen, wie ihnen der Prophet für ihre Verdienste zuerkannte.

Die Entscheidung über Auswahl und Anzahl der Ehefrauen seiner Anhänger liegt ausschliesslich beim jeweiligen Sektenoberhaupt. Je jünger und zahlreicher die Frauen, desto angesehener das Mitglied. Nach FLDS-Lehre kann die höchste Sphäre himmlischer Seligkeit nur ein Gläubiger erreichen, der mindestens drei Ehefrauen hat. Der Seligkeit nachhelfen darf er nicht: Eigene Verabredungen mit dem anderen Geschlecht sind nicht erlaubt. «Behandelt die Mädchen in eurem Bekanntenkreis, als seien sie Schlangen», predigte der frühere FLDS-Prophet Leroy Johnson ledigen Männern, «Hände weg!»

Die wenigen Menschen, die heute bei einem Besuch in Colorado City auf der Strasse anzutreffen sind, sehen aus wie auf Bildern von 1920: Frauen mit rötlich blonden, aufgesteckten Haare und hochgeschlossenen Schlabberkleidern, die bis zu den Knöcheln reichen. Sie sehen sich auffällig ähnlich und wenden sich beim Auftauchen von Besuchern sofort ab. Die Ähnlichkeit ist zwangsläufig in einer Sekte, die nur als Mitglied zulässt, wer hineingeboren wurde, und wo die Schwester oft auch die Cousine und die Tochter Ehefrau des gleichen Mannes ist wie die Mutter. Die Stadt hat einen eigenen Friedhof für verstorbene Säuglinge und Kleinkinder.

Sympathy for the devil
Die meisten Männer tragen weisse Hemden unter weiten, schwarzen Anzügen. Unterhaltungen mit Fremden sind nicht gestattet. Wer mit Unbekannten redet, ist entweder exkommuniziert worden, von der FLDS abgesprungen oder, seit sehr kurzem, ein Beamter auf der Suche nach Warren Jeffs. Dass ihre Anwesenheit von FLDS-Mitgliedern genau beobachtet wird, erkennen Besucher an den dunklen Geländewagen, die ihnen folgen, sobald sie Colorado City erreichen, und deren Fahrer gut sichtbar Notizen machen, sobald sie mit jemandem zu sprechen versuchen: ein deutliches Signal an Zugereiste und vor allem Einheimische, dass Kontakte unzulässig sind.

Ein einziges Mal versuchte der Staat Arizona ernsthaft, der Poliygamie der FLDS ein Ende zu bereiten. Besorgt über die rasante Bevölkerungszunahme im Arizona Strip veranlasste Gouverneur Howard Pyle mit finanzieller Unterstützung der Mormonen 1953 einen Angriff: Im Morgengrauen des 26. Juli verhafteten rund 200 Polizisten und Nationalgardisten 122 Polygamisten beiden Geschlechts und brachten deren 263 Kinder in Pflegefamilien unter.

In einem ebenso blumigen wie engagierten Communiqué legte der Gouverneur die Gründe für sein Eingreifen dar: «In dieser isoliertesten aller Gemeinden Arizonas blühte und wuchs die schändlichste aller Verschwörungen in erschreckendem Mass. Eine ganze Gemeinschaft unterwarf sich der unheilvollen Philosophie, dass eine Hand voll gieriger und zügelloser Männer das Recht und die Macht haben, das Schicksal jeder einzelnen Seele der Gemeinschaft zu kontrollieren. Hier ist eine Gemeinschaft – und traurigerweise sind sich viele Frauen mit den Männern einig –, die sich uneinsichtig der schändlichen Theorie hingibt, dass jedes heranwachsende Mädchen in die Leibeigenschaft einer polygamen Ehe mit Männern allen Alters gezwungen werden soll, mit dem einzigen Ziel, mehr Kinder zu gebären, damit dieses gesetzlose Unternehmen noch mehr Leibeigene bekommt.»

Erstmals hatte ein Politiker mit überraschender Klarheit gesagt, was Polygamie in der FLDS bedeutet: keine von Erwachsenen freiwillig gewählte Form des Zusammenlebens, sondern ein Verschachern minderjähriger Mädchen an 30- bis 80-jährige Günstlinge, dem eine auf bedingungslosen Gehorsam gedrillte Gemeinde nichts entgegenzusetzen wagt.

Die Öffentlichkeit wollte es nicht wissen. Bilder schreiender Kinder, die den Müttern von Polizisten aus den Armen gezerrt wurden, lösten eine Sympathiewelle für die FLDS aus. Die New York Times widmete der Polizeiaktion in der Provinz genauso viel Platz wie dem gleichentags bekannt gewordenen Waffenstillstand, welcher den Koreakrieg beendete.

Die Arizona Republic schimpfte über die Verschleuderung von Steuergeldern, andere über die Verletzung der Religionsfreiheit. Die Kosten für Einsatz und Prozesse lagen bei damals 600000 Dollar. Im Jahr darauf verlor Pyle seinen Gouverneursposten.

1956 waren alle wegen Polygamie Verurteilten wieder auf freiem Fuss und mit ihren Familien vereint. Auf dem Arizona Strip verdoppelte sich die Bevölkerung weiterhin alle zehn Jahre, ohne dass ein Politiker wagte, Fragen zu stellen. Während des Wahlkampfs von 1991 schrieb Gouverneurskandidat Fife Symington in einem offenen Brief an die Bewohner von Colorado City, er werde nie etwas unternehmen, um «Ihre Religion anzugreifen oder in Frage zu stellen». Er wurde gewählt. In einem kürzlichen Interview sagte er, man habe ihm während seiner Kampagne geraten, sich das Problem mit den Fundamentalisten unbedingt vom Leib zu halten.

Die seltenen Male, wo Prozesse wegen Polygamie mit Minderjährigen überhaupt stattfanden, kam es zu erstaunlichen Allianzen. In seinem 2003 erschienenen Buch «Under the Banner of Heaven» über polygame Religionsgruppen in den USA schreibt Bestsellerautor Jon Krakauer, dass mormonische Fundamentalisten jedes Mal, wenn sie sich über religiöse Verfolgung beklagten, von schwulen Aktivisten kräftig unterstützt wurden. «Es war eine besonders merkwürdige und unbequeme Koalition. Die FLDS-Doktrin besagt, dass Analverkehr und Homosexualität schwere Verbrechen gegen Gott und die Natur sind und mit dem Tod bestraft werden können. Und ausgerechnet Polygamisten und Schwule tun sich zusammen, um die Regierung vom Schlafzimmer fernzuhalten. Auf der anderen Seite verlangten Radikalfeministinnen gemeinsam mit den entschlossen antifeministischen Mormonen eine aggressive Strafverfolgung der Polygamisten.» Letzteres mit wenig Erfolg.

Todsünde Neinsagen
Eine der ersten Frauen, die aus Colorado City flohen, war Pennie Petersen. Sie war 14 und hatte erfahren, dass sie einen 48-Jährigen heiraten sollte, der sie schon als Kind belästigt hatte. Später half sie ihrer Schwester Rita Stubbs, die noch keine 16 war, als sie mit einem FLDS-Polizisten verheiratet wurde, und mit 18 drei Kinder hatte, zu fliehen. Stubbs zeigte ihren Ehemann an. Er wurde wegen Bigamie und Geschlechtsverkehr mit einer Minderjährigen verurteilt.

Carolyn Jessop hatte ihr Leben lang in Colorado City gelebt und träumte davon, Kinderärztin zu werden. Ihr Vater bat den damaligen Propheten Rulon Jeffs um Erlaubnis. Warren Jeffs’ Vater sagte, sie müsse erst heiraten. Sie entschied sich für einen 50-Jährigen, der bereits drei Frauen hatte. Carolyn war 18. «Es war wie ein Horrororfilm, von Anfang an.» Mit 33 hatte sie acht Kinder: «Verhütung ist verboten. Zu sagen, ich habe zu schnell zu viele Kinder, ist eine moralische Sünde. Und einen zeugungswilligen Ehemann zurückzuweisen, ist eine Todsünde. Inzwischen lebte sie mit 5 weiteren Ehefrauen und 54 Kindern zusammen. «Unser Zuhause war wie ein Polizeistaat. Jeder berichtete jedem über jeden.»

Als Warren Jeffs nach dem Tod seines Vaters, der noch als 80-Jähriger Minderjährige heiratete, 2002 der neue FLDS-Prophet wurde, als eine seiner ersten Amtshandlungen alle Bücher verbrennen liess und den FLDS-Kindern die öffentliche Schule untersagte, floh Carolyn mit ihren Kindern. Petersen, Stubbs und Jessop waren die ersten Frauen, die in den Medien darüber berichteten, wie stark verbreitet Kindsmissbrauch unter FLDS-Polygamisten ist.

Doch die Aufmerksamkeit des FBI zog die Mormonensekte erst zwei Jahre später auf sich. 2005 bezichtigte Brent Jeffs, der 23-jährige Neffe des Propheten, seinen Onkel, dieser habe mit ihm und seinem Bruder mehrfach Analverkehr gehabt, als sie noch keine sieben Jahre alt waren.

Ungefähr zur selben Zeit, als Brent Jeffs seine Anschuldigungen erhob, ging das Sozialamt von Arizona über die Bücher und stellte fest, dass in Colorado City 65 Prozent der Bevölkerung von Sozialhilfe lebten. Durchschnittlich sind es in Arizona 6 Prozent pro Gemeinde.

«Das Biest ausbluten»
Der Trick war einfach: Da nur die erste Ehefrau legal geheiratet wird, gelten die übrigen als uneheliche Mütter und haben Anspruch auf Beihilfe für sich und ihre Kinder. Anders als ihre Vorgänger waren Rulon und Warren Jeffs entschlossen, dem verhassten Staat abzupressen, was immer er hergab. Obwohl die öffentliche Schule inzwischen fast verwaist war, wurde sie nach wie vor mit jährlich 4 Millionen Dollar Schulgeldern subventioniert. Im Jahr 2002, errechnete Krakauer, erhielt Colorado City für jeden bezahlten Dollar Steuern acht Dollar Unterstützung. «Wir müssen das Biest ausbluten», predigte Warren Jeffs. Generalstaatsanwalt Shurtleff erwägt, den Anklagen wegen Vergewaltigung und mehrfachen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger eine Klage wegen organisierten Verbrechens beizufügen.

Den bisher einzigen Fahndungserfolg in Sachen Jeffs verzeichnete die Polizei, als sie im vergangenen Oktober in Pueblo County bei einer Verkehrskontrolle Warrens 32jährigen Bruder Seth und dessen Neffen festnahm, der behauptete, Seth habe ihm 5000 Dollar bezahlt, wenn er ihn begleite und unterwegs für sexuelle Abwechslung sorge. Bei der Durchsuchung des Wagens fand die Polizei 142000 Dollar Bargeld, mehrere hundert Briefe an Warren Jeffs und sieben Handys, dazu mehrere Kredit- und Prepaid-Karten.

Am vergangenen Montag bekannte Seth Jeffs sich schuldig, den Aufenthaltsort seines Bruders verheimlicht zu haben. Weder er noch irgendein Mitglied der FLDS werde den Behörden je helfen, seinen Bruder zu finden.

Das letzte Gefecht?
Der Ort, an dem man Warran Jeffs am ehesten vermutet, wurde bis heute nicht überprüft. Im November 2003 kaufte David Steed im texanischen Eldorado – 1951 Bewohner, 13 Kirchen, 3 Restaurants, 1 Motel – eine Ranch mit 70 Hektaren Land, angeblich als Jagdrevier für Geschäftskunden aus Las Vegas. Recherchen lokaler Journalisten ergaben, dass Steed lediglich ein Agent und der Käufer die FLDS war.

Warren Jeffs schickte nach Schätzungen der Polizei etwa 500 seiner Gefolgsleute für Bauarbeiten von Colorado City nach Texas. Inzwischen stehen auf dem umzäunten Gelände ein monumentaler Tempel, ein Besammlungsraum von der Grösse des lokalen Flughafens, elf mehrstöckige Wohnhäuser und Ställe. Felder wurden angelegt, Obstgärten und ein Friedhof. Warren Jeffs wurde seit zwei Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. David Doran, Sheriff von Eldorado, sagt, er habe bisher in dem inzwischen YFZ – Yearning for Zion – getauften Gelände weder Waffen noch Gewalttätigkeiten beobachtet. Betreten hat er es noch nicht. «Das tun wir erst, wenn wir sichere Hinweise haben, dass Jeffs sich hier aufhält.» Von Waco will er nichts hören: «Das ist 12 Jahre her und 260 Meilen weit weg.»

Jon Krakauer ist anderer Meinung: «Uns liegen seit Monaten glaubwürdige Berichte vor, wonach Jeffs Kinder unter sieben Jahren aus ihren Familien in Utah und Arizona holt und sie ohne Eltern nach Texas bringt. Man hat mich einen Panikmacher genannt, aber ich denke, die Möglichkeit einer Massentragödie ist sehr real.»

Vor zwei Jahren, erzählt der exkommunizierte Richard Holm, habe Warren Jeffs bei einer Versammlung all jene aufgefordert aufzustehen, die bereit wären, für ihn zu sterben. Niemand blieb sitzen. «Das war eine verschleierte Frage», sagt Holm, «was er wirklich meinte, war: Wer würde für mich töten? Von Beatrice Schlag»
weltwoche

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Re: Ereignisse & Prozesse

#3

Ungelesener Beitrag von Eagle » So, 29. Nov. 2015, 14:27

Bild nicht mehr vorhandenGeburtsstaette der Sekte - gemeinsam mit der Sekte in Colorado City gilt Hildale, Utah, als Geburtsstaette der FLDS
Die Polygamisten
Die ersten Trauernden treffen gegen sechs Uhr abends im Gemeindezentrum von Colorado City im US-Bundesstaat Arizona ein. Eine halbe Stunde später reicht die Warteschlange bereits bis zum Parkplatz. Um sieben Uhr ist sie dann schon Hunderte Meter lang. Es sind mehrere tausend Gläubige. Männer und Jungen in Anzügen, Frauen und Mädchen in pastellfarbener Prärietracht. Sie nehmen Abschied von der 68-jährigen Foneta Jessop, die einem Herzinfarkt erlegen ist. In einem riesigen Saal steht der offene Sarg, neben ihm ihr Mann Merril, am unteren Ende ihre Söhne. Hinter Merril warten die übrigen Ehefrauen, alle in identischen weißen Kleidern. Foneta war die Erste, die er geheiratet hat.
Bild nicht mehr vorhanden5000 FLDS Mitglieder bei der Trauerfeier von Foneta Jessop, der 1. Frau von Merril Jessop
[bild=Beisetzung einer Ehefrau

In Colorado City empfängt Bischof Merril Jessop (Mitte) Beleidsbekundungen am Sarg seiner ersten und einzigen gesetzlichen Frau Foneta. Seine übrigen Frauen stehen hinter ihm in einer Reihe. 5000 Trauernde haben ihm kondoliert. Seine Hand „tut heute etwas weh.“]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... u-5915.jpg[/bild]
Colorado City ist ein besonderer Ort. Zusammen mit Hildale im US-Bundesstaat Utah ist er die Geburtsstätte der „Fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (FLDS), einem polygamistischen Ableger der Kirche der Mormonen, der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (LDS). Hier, an der Grenze zwischen Utah und Arizona, siedelten sich in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Handvoll polygamer Familien an. Die Mormonen-Führung wollte mit der Vielehe brechen, um von Amerikas Öffentlichkeit akzeptiert zu werden. 1935 stellte sie den Bewohnern dieser Siedlungen ein Ultimatum: Abkehr von der Vielehe oder Exkommunikation. So gut wie alle weigerten sich und nahmen den Ausschluss in Kauf.
Beim Gottesdienst für die Verstorbene halten ihr Ehemann und ihre drei Söhne Reden, in denen sie betonen, wie sehr sich Foneta dem religiösen Grundsatz der Vielehe verbunden gefühlt habe. Aber aus den Sätzen wird auch erkennbar, welchen Konflikt die Familie hatte. Der Mann macht Andeutungen über seine schwierige Beziehung zu Foneta. Und für jedermann ist sichtbar, dass Carolyn, seine vierte Frau, fehlt. Sie hat 2003 mit ihren acht Kindern die Familie verlassen und danach einen Bestseller über ihr Leben als FLDS-Mitglied verfasst. Sie beschreibt darin eine geradezu klösterliche Enge. Foneta habe die Gunst ihres Ehemanns verloren und tagsüber meist nur geschlafen. Erst am Abend sei sie aus ihrem Zimmer gekommen, um zu essen, Wäsche zu waschen und im Fernsehen alte Filme anzuschauen.
Nach dem Gottesdienst gehen die meisten Trauergäste zum Friedhof. Dass so viele aus FLDS-Gemeinden in Texas und Colorado und sogar aus dem kanadischen British Columbia angereist sind, liegt nicht nur in der prominenten Stellung des Ehemanns: Merril Jessop ist Bischof einer großen Gemeinde in Westtexas. Der mir zugeteilte Begleiter Sam Steed, ein sanftmütiger 37-jähriger Buchhalter, erklärt, Beerdigungen würden immer zu großen Zeremonien. „So ein Ereignis gibt es 15- bis 20-mal im Jahr“, sagt er. „Selbst wenn ein kleines Kind stirbt, können Sie mit 3000 bis 4000 Trauergästen rechnen. So ist bei uns der Zusammenhalt. Wir fühlen uns als Mitglieder einer größeren Gemeinschaft. Wir geben uns gegenseitig Kraft.“
Kaum jemand in den USA hatte bis April 2008 von dieser fundamentalistischen Abspaltung der Mormonen gehört. Dann aber gab es Fernsehbilder von einer Razzia auf einer entlegenen Ranch mit dem Namen „Yearning for Zion“ („Sehnsucht nach Zion“) in Westtexas: Hunderte Kinder und Frauen, Letztere in altmodischer Prärietracht und mit kunstvoll hochgestecktem Haar, wurden von Polizisten und Sozialarbeitern in Schulbussen weggebracht.
Der Einsatz war durch mehrere Telefonanrufe bei einem Frauenhaus ausgelöst worden. Eine angeblich 16-Jährige hatte darin geklagt, sie werde auf der Ranch von ihrem deutlich älteren Ehemann sexuell missbraucht und geschlagen. Die Behörden hielten die Anrufe für glaubwürdig, da die Bewohner der Ranch Anhänger der FLDS und ihres „Propheten“ Warren Jeffs waren. Der war 2007 von einem Gericht in Utah schuldig gesprochen worden, die 14-jährige Elissa Wall und ihren 19-jährigen Cousin Allen Steed getraut zu haben. Die Behörden hatten freilich nicht genug Beweise, um mehr als 400 Minderjährige auf Dauer unter ihrer Obhut zu behalten. Die meisten Kinder kehrten daher binnen zwei Monaten zu ihren Eltern zurück.
Aber viele dieser Teenager waren schwanger oder hatten schon Kinder. Sie waren mit deutlich älteren Männern verheiratet - „versiegelt“, wie es in der Sprache der Mormonen heißt. Die Ehen, von Staats wegen illegal, waren innerhalb der FLDS geschlossen worden. Daher wurden zwölf Kirchenmitglieder, darunter Warren Jeffs, wegen Straftaten wie Bigamie und sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen angeklagt. Raymond Jessop wurde im November 2009 in einem Punkt schuldig gesprochen. Die Verfahren gegen die übrigen Angeklagten sind für 2010 anberaumt.
Der Arizona Strip ist weites Hügelland mit Wüstensalbei, Pinyonkiefern und Wacholder. Es erstreckt sich von der Grenze Utahs gen Süden bis zum 80 Kilometer entfernten Nordrand des Grand Canyon. Zwei ummauerte Siedlungen, Hildale und Colorado City, liegen inmitten von Ackerland; Short Creek lautet ihr alter Name. „Als Junge kam ich zum ersten Mal nach Short Creek“, sagt Joe Jessop, ein Bruder von Merril. „Damals gab es ganze sieben Häuser. Es war richtiges Pionierland.“ Heute ist Short Creek mit etwa 6000 Einwohnern die größte Gemeinde der FLDS. Der 88-Jährige hat auf zweierlei Weise zu diesem explosiven Bevölkerungswachstum beigetragen.
Zum einen ist er der „Wassermann“. Er hat sich selber Ingenieurkenntnisse beigebracht und half mit, das weitläufige Netzwerk von Wasserleitungen, Kanälen und Staubecken anzulegen, mit dem das ausgedörrte Plateau seit Jahrzehnten bewässert wird. Zum anderen ist er der Patriarch einer Familie mit 46 Kindern und 239 Enkeln. „Meine Familie kam aus dem gleichen Grund nach Short Creek wie alle anderen auch“, sagt er. „Wir wollten das Gebot der Vielehe erfüllen und das Königreich Gottes errichten.“
FLDS-Mitglieder beschreiben das Leben, das die Jessops und andere Gründerfamilien führen, als idyllisch. Hier werde traditionelle Hingabe und nachbarschaftliche Hilfe noch großgeschrieben, und Kinder wüchsen in einer heilen Umgebung auf, ohne Fernsehen, Junkfood und soziale Zwänge. Kritiker hingegen sehen die FLDS als isolierten Kult, dessen Anhänger durch rigorose soziale Kontrolle zermürbt würden und die auf verstörende Weise einem Mann die Treue halten: ihrem „Propheten“ Warren Jeffs, der sich als Sprecher Gottes auf Erden sieht. Die meisten Bewohner meiden den Kontakt zu Fremden. NATIONAL GEOGRAPHIC wurde erst nach Billigung durch die Kirchenführung Zugang gewährt. Sie hatte darüber mit dem im Gefängnis sitzenden Warren Jeffs beraten.
Die Gemeinde versucht, sich so weit wie möglich selbst zu versorgen. Ihre Mitglieder bauen Obst und Gemüse an, führen Hotels, Werkzeug- und Maschinenbaubetriebe. Jeden Samstag gehen die Männer im Gemeindezentrum eine Liste von Bau- und Wartungsprojekten durch, für die Freiwillige gebraucht werden. Einmal bauten sie an einem einzigen Tag ein Haus mit vier Schlafzimmern: vom Fundament bis zum ziegelgedeckten Dach. Autor: Scott Anderson — Bilder: Stephanie Sinclair
[bild=Beim Morgengebet

Jim Jessop (Mitte) leitet in seinem Haus auf der Ranch „Yearning for Zion“ das Morgengebet für seine Kinder und seine drei Frauen. „Wir standen in unserer Geschichte immer wieder vor Herausforderungen“, sagt er über die Schwierigkeiten seiner Kirche mit dem Gesetz. „Aber das schweißt uns nur enger zusammen - als Familie und als Glaubensgemeinschaft.“]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... t-5919.jpg[/bild]
[bild=Kindheit auf der FLDS-Ranch

Nach der Heuernte auf der 1600 Hektar großen FLDS-Ranch bei Pony Springs, Nevada, vergnügt sich die 16-jährige Amber Barlow mit Freunden auf einer selbstgezimmerten Schaukel. Die Kinder der Kirchenmitglieder müssen schon von klein auf bei Hausarbeiten wie Nähen, Pflücken und Einmachen helfen.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... h-5913.jpg[/bild]
[bild=Baden in züchtiger Kleidung

Weibliche FLDS-Mitglieder tragen auch beim Baden züchtige Kleidung wie diese knöchellange traditionelle Tracht. Die 19-jährige Verda Shapley greift, gestützt von ihren Schwestern, nach einem Drahtseil, das bei Hildale über einen Teich gespannt ist. „Wir machen alles zusammen“, sagt ihr Vater William. „Unsere Basis ist der Glaube an das Weiterleben im Jenseits.“]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... g-5917.jpg[/bild]

[bild=Chorprobe der Männer

„Gemeinsames Singen hilft, sich nach der Arbeit zu entspannen“, sagt Aaron Jessop, Jr. (vor dem großen Porträt von Warren Jeffs). Die Gemälde im Gemeindesaal von Pony Springs zeigen jene Mormonen-Führer, die den Fundamentalisten als wahre Erben des Kirchengründers Joseph Smith gelten.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... r-5918.jpg[/bild]
[bild=Beim Morgengebet

Jim Jessop (Mitte) leitet in seinem Haus auf der Ranch „Yearning for Zion“ das Morgengebet für seine Kinder und seine drei Frauen. „Wir standen in unserer Geschichte immer wieder vor Herausforderungen“, sagt er über die Schwierigkeiten seiner Kirche mit dem Gesetz. „Aber das schweißt uns nur enger zusammen - als Familie und als Glaubensgemeinschaft.“]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... t-5919.jpg[/bild]

[bild=Am Familientisch

Eine FLDS-Familie sitzt gemeinsam am Tisch. Obwohl jede der Frauen vor allem für ihre eigenen Kinder verantwortlich ist, herrscht ansonsten eine strenge Arbeitsteilung: Eine kümmert sich um die Küche, die andere gibt den Kindern Unterricht, wieder eine andere ist zuständig für Bügel- und Näharbeiten.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... h-5920.jpg[/bild]

[bild=Familienhaus in San Antonio

Die Mitglieder dieser FLDS-Familie haben ein Haus in San Antonio angemietet, nachdem die "Yearning für Zion"-Ranch in Texas 2008 einer staatlichen Razzia zum Opfer gefallen war.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... o-5921.jpg[/bild]

[bild=Gesangseinlage

Weibliche FLDS-Mitglieder unterhalten ihre Gäste auf der Alfalfa-Farm in Beryl, UItah, mit einer Gesangsdarbietung. Im Hintergrund hängen die Porträts der Kirchenführer.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... e-5922.jpg[/bild]

[bild=Auf dem Schulweg

Ein seltenes Bild: Schüler der FLDS-Gemeinschaft in Bountiful, British Columbia, auf dem Weg zu ihrem Schulbus. Die meisten Schüler werden zuhause unterrichtet.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... g-5923.jpg[/bild]

[bild=Verhaftung wegen sexueller Gewalt

Merril Jessops Sohn Raymond (38) wird in die Haftanstalt geführt. Ein Gericht in Texas hat ihn wegen sexueller Gewalt zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Eine 16-Jährige war in einer polygamen Ehe "an ihn versiegelt" worden. Sei Verteidiger hatte argumentiert, es sei kein Beweis erbracht, dass der Geschlechtsverkehr nicht in gegenseitigem Einverständnis erfolgt sei.]http://www.nationalgeographic.de/thumbn ... t-5916.jpg[/bild]
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#4

Ungelesener Beitrag von Eagle » So, 29. Nov. 2015, 14:47

Mormonen-Sekte: Die verlorenen Söhne der Polygamisten

Um auch in Zukunft ihre Harems zu sichern, greifen zwei fundamentalistische Mormonen-Gemeinden zu drastischen Mitteln: Seit der selbsternannte Prophet Warren Jeffs das Regiment in den Städtchen Hildale und Colorado City führt, wurden mehr als 400 junge Männer von den Platzhirschen vertrieben.
Bild nicht mehr vorhandenAbgeschottet: Kein Zugang zum Anwesen des Sektenführers Warren Jeffs in Hildale
Im Büro von Mark Shurtleff im amerikanischen Bundesstaat Utah spielen sich hin und wieder erschütternde Szenen ab. 16-, 17-, 18-jährige Jungs sitzen dem Staatsanwalt gegenüber und sind verzweifelt. Manchmal brechen sie in Tränen aus. Grund: Sie wollen ihre Mütter wieder sehen. Gideon Barlow etwa, ein 17-jähriger Junge mit Sommersprossen, sagt: "Ich kapiere nicht, wie meine Mutter zulassen konnte, was sie mir angetan haben."
Nach Angaben der "Los Angeles Times" ist Barlow einer von mehr als 400 "Lost Boys" ("Verlorene Jungen"), die in den vergangenen vier Jahren aus den weniger als eine Meile auseinander liegenden Siedlungen Hildale und Colorado City getrieben wurden. Die Orte sind Hochburgen der Fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (FLDS), einer sektiererischen Abspaltung der Mormonen-Kirche.
An ihn sei schon mehrfach der Wunsch herangetragen worden, gegen Eltern gerichtlich vorzugehen, die ihre jugendlichen Kinder aussetzten, sagt Shurtleff der Zeitung. "Doch die Jugendlichen wollen nicht, dass ihre Eltern angeklagt werden - sie wollen, dass wir uns den bad guy Nummer eins vorknöpfen: Warren Jeffs. Er ist in erster Linie dafür verantwortlich, dass die Jungs verstoßen werden."
Warren Jeffs regiert seit 2002 die abgeschotteten Gemeinden an der Grenze zwischen Utah und Arizona. Er gilt als der neue Prophet der FLDS. Er trat die Nachfolge seines Vaters Rulon an, der 70 Ehefrauen gehabt haben soll. Jeffs glaubt, der Weltuntergang stehe unmittelbar bevor. Sein Vater hatte vorausgesagt, die Welt werde im Jahr 2000 durch Feuer sauber gefegt werden. Der Sohn predigt vor diesem Hintergrund, die Anschläge vom 11. September 2001 seien ein sehr gutes Zeichen und Grund großer Hoffnung.

A
nklage gegen den Propheten
Ende vergangener Woche wurde Warren Jeffs in Arizona angeklagt, eine Heirat zwischen einem 28-Jährigen, der bereits verheiratet ist, und einer 16-Jährigen angebahnt zu haben. Sollte Jeffs verurteilt werden, drohen ihm zwei Jahre Haft. Doch bisher wurde der selbsternannte Prophet weder verhaftet noch weiß man genau, wo er sich derzeit aufhält. Er wird in Texas vermutet.
Bild nicht mehr vorhandenColorado City: Polygamisten-Hochburg am Fuße der Vermillion Cliffs
Die Behörden, die das Treiben in der Polygamisten-Hochburg lange duldeten, fahren mittlerweile einen rigoroseren Kurs gegen den Endzeitprediger. Vor genau einer Woche hatte ein Richter im Bundesstaat Utah veranlasst, die Vermögenswerte einer von Jeffs kontrollierten Gesellschaft einzufrieren, die das meiste Land und die meisten Immobilien in den beiden Stätten der Vielweiberei besitzt.
Auch fünf der "Lost Boys" versuchen Jeffs in Utah gerichtlich zu belangen. Er soll sie verbannt haben, damit Kirchen-Älteste mehr Auswahl unter den Frauen hätten, klagen sie. Diese Auffassung teilen die amerikanischen Behörden. Ihnen zufolge werden die unliebsamen Jugendlichen ausgesetzt, um die nachwachsende Konkurrenz zu stutzen. An einem Ort, wo die Herren der Schöpfung unter Umständen Dutzende Frauen haben können, sind zu viele Männer störend für die Platzhirsche. "Es ist eine Frage der Mathematik. Wenn alle junge Frauen an einen Mann verheiratet werden, was macht man mit den jungen Männern?", fragt Staatsanwalt Shurtleff.
Insgesamt gehören den Gemeinschaften am Fuße der rotfarbenen, majestätischen Vermillion Cliffs zwischen 10.000 und 15.000 Mitglieder an. Die Sekte hatte sich vor rund 100 Jahren von der Mutterkirche abgespalten. Während die offizielle Mormonen-Kirche die Polygamie abgeschafft hat, halten die extremen Fundamentalisten an der Vielehe fest. Um in die höchsten Sphären des Himmels zu kommen, muss ein Mann ihrer Vorstellung nach mindestens drei Ehefrauen haben.
Eine Welt kruder Ansichten
Seit Warren Jeffs die FLDS bestimme, habe die Zahl der "Lost Boys" zugenommen, sagt der Zahnarzt Dan Fischer, früher selbst Mitglied der Sekte. Fischer lebt in der Nähe von Salt Lake City und engagiert sich in einem Netzwerk, das den verlorenen Söhnen Hilfe bieten will. Die ist in den meisten Fällen dringend nötig. Denn die Verstoßenen kommen aus einer Welt kruder Ansichten, aus einer Welt, in der gelehrt wird, dass Dinosaurier von anderen Planeten kamen und noch nie ein Mensch auf dem Mond war. Und nun sehen sie Salt Lake City oder Las Vegas - eine Welt, vor der sie in ihren Enklaven gewarnt wurden. Viele kämen mit der ungewohnten Umgebung nicht klar und griffen zu Alkohol oder anderen Drogen, sagt Fischers Kollege Dave Bills.
Laut Bills haben viele der "Lost Boys" emotionale Probleme: "Stellen Sie sich vor, Sie fragen einen 16-Jährigen: 'Was wünschst Du Dir am allermeisten?', und er antwortet: 'Ich möchte meine Mami sehen.'"

Der verstoßene 17-jährige Gideon Barlow hat vorerst keine Chance, mit seiner Mutter in Kontakt zu treten. Als er sie am Muttertag besuchen wollte, habe sie ihn wissen lassen, dass er nicht erwünscht sei. Als er sie bat, ihr ein Geschenk überbringen zu dürfen, erwiderte sie, sie wolle nichts annehmen.
Frauen und Kinder wurden aufgeteilt
Gideons Vater hat nach den Angaben des Sohnes insgesamt 71 Kinder mit acht Frauen. Der 73-Jährige gehört zu den Pionieren von Colorado City. Lange Zeit war er Bürgermeister in der Frommen-Siedlung. Dann kam es jedoch zu Meinungsverschiedenheiten mit Jeffs, der daraufhin Barlow und 20 weitere Männer aus der Gemeinde ausschloss.
Nach Angaben örtlicher Behörden und laut Zeugenaussagen teilte Jeffs die Frauen und Kinder der Verdammten unter den verbleibenden Männern auf. Gideon wurde einem neuen Familienoberhaupt zugewiesen. Der Druck auf ihn habe zugenommen, sagt Gideon, sein neuer Vater habe es nicht zugelassen, dass er Musik gehört, Shirts mit kurzen Armen getragen und sich mit Mädchen getroffen habe. Schließlich habe ihm Jeffs befohlen, die Stadt zu verlassen.
M
anche der Verstoßenen geben an, man habe ihnen gerade einmal zwei Stunden eingeräumt, ihre Sachen zu packen und sich aus ihrer vertrauten Umgebung zu verabschieden. Dann seien sie in die Städtchen St. George oder Hurricane gebracht und wie unliebsame Hunde ausgesetzt worden.
Gideon Barlow hatte Glück im Unglück. Er kam bei einem liberalen Mormonen-Ehepaar unter. Von Alexander Schwabe
spiegel

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#5

Ungelesener Beitrag von Eagle » So, 29. Nov. 2015, 15:05

Sektenführer Warren Jeffs verhaftet (2006)

Ein unlesbares Nummernschild wurde einem der meistgesuchten Verbrecher der USA zum Verhängnis: Nach einjähriger Flucht ging der Polygamist und 60fache Vater der Polizei bei einer Verkehrskontrolle ins Netz.(...)
Bild nicht mehr vorhandenEiner der meistgesuchten Männer der USA gefasst: Sektenführer Jeffs
Religiöser Demagoge und Tyrann
Die FLDS ist eine radikale Abspaltung von der mormonischen Mutterkirche, die sich unter staatlichem Druck bereits 1890 von der Vielehe losgesagt hatte. Doch für die FLDS ist die Polygynie - eine Sonderform der Polygamie, die von einer starken Unterordnung der Frau geprägt ist - die Voraussetzung für die ewige Erlösung: Um diese zu erlangen, müsse ein Mann mindestens drei Ehefrauen haben.
Jeffs Vater Rulon, der der Sekte über 20 Jahre lang vorstand, hinterließ 75 Witwen.

Jeffs übernahm die Leitung der Sekte nach dem Tod seines Vaters 2002. Als "Prophet" beherrschte er vollständig das Seelenleben und den Alltag seiner Anhänger: Als Kirchenoberhaupt durfte er als einziger Vermählungen durchführen und war zudem befugt, die Frauen - meist minderjährige Mädchen - ihren Ehemännern zuzuweisen. Gleichfalls konnte er Männer dadurch bestrafen, indem er ihnen die Frauen und Kinder wieder wegnahm und anderen Männern zusprach. Junge Männer wurden aufgrund von Frauenknappheit und männlicher Rivalität häufig aus der Gemeinde verbannt. Zuletzt demonstrierte Jeffs seine Macht Anfang 2004, als er neben 20 Männern selbst den Bürgermeister von Colorado City der Stadt verwies
.
Systematischer Missbrauch Minderjähriger
Angeklagt wurde Jeffs erst im Juni 2005, als abtrünnige oder verstoßene Sektenmitglieder über sexuelle Übergriffe am eigenen Leib sowie mehrfache Verheiratungen Minderjähriger berichteten. Anstatt sich den Behörden zu stellen, tauchte Jeffs jedoch unter und war fortan mit einem Wohnwagen, den er auch als mobile Traukapelle benutzt haben soll, auf der Flucht. Polizeiliche Ermittlungen im Umfeld der Glaubensgemeinschaft erwiesen sich jedoch als äußerst schwer: Die Sekte ist straff durchorganisiert und basiert auf ein System umfassender Kontrolle und Bespitzelung. Selbst einige örtliche Polizisten sollen Mitglieder der FLDS sein. Zudem galt Jeffs laut FBI als bewaffnet und gefährlich und wollte sich laut eigener Aussage "niemals lebendig fangen lassen".

Bild nicht mehr vorhandenGlauben an ihren Propheten: Sektenanhänger in Colorado City
Seine loyale Anhängerschaft und erhebliche finanziellen Mittel ermöglichten Jeffs schließlich seine über einjährige Flucht. Die Ermittler waren außerdem aus Angst vor einem Fiasko besonders vorsichtig vorgegangen: Eine Eskalation, wie bei der Erstürmung einer Ranch der Davidianer-Sekte in Texas im Jahre 1993, bei der 80 Menschen ums Leben kamen, wollte man unbedingt vermeiden. Dass Jeffs Festnahme so überraschend lautlos verlief, war letztlich auch einem reinen Zufall zuzuschreiben: Sein Nummernschild war bis zur Unlesbarkeit verdreckt und dadurch einer Polizeistreife bei Las Vegas aufgefallen. Da er sich nicht ausweisen konnte, wurde Jeffs den Polizisten verdächtig und wurde abgeführt. In seinem Wagen wurden 54.000 Dollar Bargeld, zahlreiche Mobiltelefone und Laptops sowie mehrere Perücken sichergestellt. Mit ihm waren eine seiner Frauen, Naomi, sowie sein Bruder Isaac unterwegs. Beide wurden verhört, aber wieder freigelassen. Jeffs wird am Donnerstag (31.8.2006) dem Bundesgericht von Utah vorgeführt. Eine weitere Anklage liegt in Arizona vor.

Kopf der Hydra oder Spitze des Eisbergs?
Ward Jeffs, ein Halbbruder Warrens, freue sich zwar über dessen Festnahme, sei jedoch sehr besorgt über einen womöglich noch gefährlicheren Nachfolger, wie er von der Agentur Associated Press zitiert wird. Ward hatte sich samt seiner Familie bereits vor acht Jahren von der FLDS losgesagt, da er Warren des sexuellen Missbrauchs seiner Söhne verdächtigte. Ein anderer Aussteiger, Ross Chatwin, sagte, die Verhaftung Warrens sei erst der Anfang vom Ende der religiösen Tyrannei: "Erst wenn sie die anderen zehn bösen Männer haben, wird das Problem gelöst sein. Laut Chatwin habe Jeffs außerdem seinen Bruder Lyle bereits als Nachfolger auserkoren. "Dieser kann für eine ganz neue Reihe von Schwierigkeiten sorgen." (lc)

dw.

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